Rummelpottlaufen – Der traditionsreiche Silvesterbrauch Norddeutschlands

Rummelpottlaufen ist ein zeitloser Silvesterbrauch aus Norddeutschland, der die kulturelle Identität dieser Region prägt und Jahr für Jahr Generationen zusammenbringt. Dieser Heischebrauch, der am frühen Silvesterabend praktiziert wird, verbindet Geschichte, Tradition und Gemeinschaftssinn auf eindrucksvolle Weise. Verkleidete Kinder und teilweise auch Erwachsene ziehen von Haustür zu Haustür, um ihrer Umgebung mit gesungenen Liedern und aufgesagten Reimen Freude zu bereiten – und erhalten dafür süße Gaben als Dank.

Definition und Grundkonzept des Rummelpottlaufens

Das Rummelpottlaufen ist ein in Norddeutschland und Nordschleswig (Süd-Dänemark) verbreiteter Brauch, bei dem sich Kinder geschminkt und verkleidet in Gruppen zusammenfinden, um an Silvester von Haus zu Haus zu gehen. Im Gegensatz zu modernen Kostümbräuchen wie Halloween wird das Rummelpottlaufen traditionell ausschließlich zum Jahreswechsel begangen. Die Verkleidung und Schminkung dienen dabei einem besonderen Zweck: Sie sollen verhindern, dass die Rummelpottläufer von den Bewohnern erkannt werden. Dies verleiht dem Brauch eine geheimnisvolle und spielerische Qualität, die den Reiz dieser Tradition ausmacht.

Die Kernaktivität des Rummelpottlaufens besteht darin, charakteristische Rummelpottlieder zu singen oder traditionelle Reime aufzusagen. Viele dieser Lieder sind in Plattdeutsch verfasst, was besonders für ältere Menschen diesen Brauch zu einem besonderen kulturellen Erlebnis macht. Die meisten Verse sind seit Generationen überliefert und werden in den Grundschulen und Kindergärten fleißig eingeübt. Als Dank für ihre Darbietungen erhalten die Rummelpottläufer von den Bewohnern süße Gaben – früher Äpfel und Gebäck wie Futtjes, heute meist Süßigkeiten und gelegentlich auch Geldmünzen. Wer sich großzügig zeigt und eine besonders schöne Gabe überbringt, wird mit den besten Liedern und Reimen bedacht. Besonders unterhaltsam ist der Umstand, dass bei Nachbarn, die nicht bereit sind, etwas zu spenden, traditionell Spottlieder wie „Witten Tweern“ gesungen werden – eine humorvolle Art, mit Ablehnung umzugehen.

Rummelpottlaufen – Der traditionsreiche Silvesterbrauch Norddeutschlands

Der Rummelpott: Ursprung und Bedeutung des Namens

Der Begriff „Rummelpottlaufen“ leitet sich vom Rummelpott ab, einem besonderen Lärminstrument, das eng mit diesem Brauch verbunden ist. Der Rummelpott – auch als Brummtopf bekannt – ist eine sogenannte Reibetrommel, die aus einem Topf besteht, der mit einer Schweinsblase bezogen ist. In der Mitte dieser Blase befindet sich ein Rohrstock, mit dessen Hilfe charakteristische polternde Geräusche erzeugt werden. Der Name stammt vom niederdeutschen Wort „rummeln“, das „poltern“ bedeutet. Diese polternden, knarrenden Geräusche waren früher das Erkennungszeichen des Rummelpottlaufens.

Heutzutage ist der echte Rummelpott jedoch selten anzutreffen geworden. Stattdessen verwenden moderne Rummelpottläufer alternative Gegenstände und Instrumente, um ähnliche Geräusche zu erzeugen – etwa Kochtöpfe, Topfdeckel, Kochlöffel, Rasseln und ähnliche Haushaltsgegenstände. Kleinere Kinder singen oft nur, ohne musikalische Begleitung zu verwenden. Größere Gruppen jedoch nutzen diese improvisierten Instrumente, um ihre Lieder rhythmisch zu begleiten und auf ihre Ankunft aufmerksam zu machen.

Historische Ursprünge und kulturelle Bedeutung

Die genauen historischen Ursprünge des Rummelpottlaufens liegen teilweise im Dunkel der Geschichte, doch Forschungen deuten auf faszinierende Verbindungen zu alten Bräuchen hin. Die Tradition wird seit dem 19. Jahrhundert belegt und ist wahrscheinlich auf das 16. Jahrhundert zurückzuführen. Die geschichtlichen Wurzeln werden vermutlich in Riten zur Geisteraustreibung gesucht. In früheren Zeiten, besonders in den sogenannten Rauhnächten um die Jahreswende, herrschte der Glaube, dass die Welt der Geister offenstand. Mit den polternden Geräuschen des Rummelpotts sollten demnach Wintergeister und böse Mächte vertrieben werden, um das neue Jahr segensreich zu gestalten.

In der germanischen Mythologie spielte auch Odins Wilde Jagd eine Rolle, die sich nach überliefertem Glauben ebenfalls am Silvesterabend abspielte. Die Rummelpottläufer mit ihrem Lärm und ihren Gesängen trugen somit auch zum Schutz vor übernatürlichen Kräften bei. Erst später entwickelte sich aus diesen ursprünglichen Schutzritualen der heutige Brauch, bei dem der Fokus deutlich mehr auf Freude, Gemeinschaft und das Sammeln von Süßigkeiten liegt.

Eine weitere historische Verbindung wird zum Sternsingen gezogen. Die Reformation führte zu Verboten gegen diesen katholischen Brauch. Allerdings wollten die norddeutschen Bevölkerungsgruppen diese Tradition – die auch der Nahrungsmittelbeschaffung diente – nicht aufgeben. Stattdessen passten sie den Brauch an und verschoben ihn auf den Silvesterabend, wodurch das Rummelpottlaufen in seiner heutigen Form entstand.

Regionale Unterschiede und moderne Ausprägungen

Obwohl das Rummelpottlaufen im gesamten niederdeutschen Sprachraum heimisch ist, zeigen sich regionale Unterschiede in der praktischen Ausgestaltung. Besonders verbreitet ist der Brauch in Schleswig-Holstein, wo er tiefe kulturelle Wurzeln hat und bis heute lebendig gehalten wird. Auch in Nordfriesland und anderen Teilen Norddeutschlands ist das Rummelpottlaufen fester Bestandteil des Silvester-Brauchtums.

In einigen Gegenden, beispielsweise in den Städten Flensburg und Husum, praktizieren nicht nur Kinder das Rummelpottlaufen – auch Erwachsene beteiligen sich aktiv an diesem Brauch. Für die erwachsenen Rummelpottläufer gibt es jedoch keine Süßigkeiten als Belohnung, sondern traditionell einen Schnaps. Besonders traditionsbewusste Erwachsene bringen sogar ihr eigenes Glas mit, das sie sich an einer Schnur um den Hals binden, um es im Laufe des aufregenden Silvesterabends nicht zu verlieren.

vieles selbst genäht wurde, greifen heute viele auf fertige Kostüme zurück. Gleichzeitig erleben viele Orte eine Renaissance dieses Brauches: Schulen und Kindergärten üben mit ihren Schülern die traditionellen Rummelpottlieder ein, und lokale Initiativen wie in der Gemeinde Horst bemühen sich aktiv, diese Tradition für nachfolgende Generationen lebendig zu halten.

Aktuelle Bedeutung und Bewahrung der Tradition

In der heutigen Zeit erhält das Rummelpottlaufen verstärkte Aufmerksamkeit durch kulturelle Initiativen und Museumsausstellungen. Das Brauchtum verbindet Menschen über Generationen hinweg – von Urgroßeltern, die die Tradition aus ihrer Kindheit kennen, bis zu den Kleinkindern, die zum ersten Mal in ihrer Verkleidung von Haus zu Haus gehen. Es schafft Gemeinschaftserlebnisse, stärkt den Zusammenhalt im Ort und vermittelt kulturelle Kontinuität in einer schnelllebigen Zeit.

Das Rummelpottlaufen ist daher weit mehr als nur ein unterhaltsamer Brauch zum Jahreswechsel – es ist ein Stück lebendiger Kulturgeschichte Norddeutschlands, das Gemeinschaftssinn, historisches Bewusstsein und generationenübergreifende Verbindung auf wunderbare Weise vereint.