Volkstrauertag – Definition und Bedeutung eines wichtigen deutschen Gedenktages

Was ist der Volkstrauertag? – Die Definition

Der Volkstrauertag ist ein bundesweit anerkannter, staatlicher Gedenktag in Deutschland, der alljährlich am zweitletzten Sonntag vor dem ersten Advent begangen wird. Er fällt damit regelmäßig in die zweite Novemberhälfte, wobei das genaue Datum von Jahr zu Jahr zwischen dem 15. und 21. November variiert. Im Jahr 2025 findet der Volkstrauertag am Sonntag, dem 16. November statt. Der Volkstrauertag ist ein sogenannter stiller Feiertag und dient als offizielle Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Terror aller Nationen – unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrer Zugehörigkeit.

Volkstrauertag – Definition und Bedeutung eines wichtigen deutschen Gedenktages
Volkstrauertag – Definition und Bedeutung eines wichtigen deutschen Gedenktages
Volkstrauertag – Definition und Bedeutung eines wichtigen deutschen Gedenktages

Die historische Entwicklung des Volkstrauertages

Die Ursprünge des Volkstrauertages reichen bis in das Jahr 1919 zurück, als der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. diesen Gedenktag als Reaktion auf die verheerenden Folgen des Ersten Weltkriegs ins Leben rief. Das Ziel war es, der gefallenen deutschen Soldaten zu gedenken und gleichzeitig Solidarität mit ihren trauernden Hinterbliebenen zu zeigen. Die erste offizielle Gedenkstunde im Reichstag fand am 5. März 1922 statt und wurde maßgeblich durch den damaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe geprägt, dessen Rede die Themen Versöhnung und friedliches Miteinander in den Fokus rückte.

Ursprünglich wurde der Volkstrauertag am Sonntag Invocavit (dem ersten Sonntag der Fastenzeit) begangen und fand 1925 zum ersten Mal statt. 1926 entschied der Reichstag, den Volkstrauertag fortan regelmäßig am Sonntag Reminiscere (dem fünften Sonntag vor Ostern) zu begehen. Dies sollte sich jedoch in der Folgezeit mehrfach ändern.

Der Volkstrauertag während der NS-Zeit

Die Nationalsozialisten änderten den Charakter des Volkstrauertages grundlegend. 1934 übernahm die NSDAP den Gedenktag und erklärten ihn durch Gesetz zum staatlichen Feiertag, benannten ihn jedoch um in „Heldengedenktag“. Unter der Kontrolle von Propagandaminister Joseph Goebbels wurde der Tag zweckentfremdet: Statt des stillen Totengedenkens sollte nun Heldenverehrung im Mittelpunkt stehen. Der Heldengedenktag wurde ab 1939 alljährlich am 16. März oder am Sonntag vor diesem Datum begangen – ein Datum, das bewusst gewählt wurde, da an diesem Tag 1935 die Wehrpflicht wiedereingeführt worden war. Diese Umgestaltung des Gedenktages verdeutlicht, wie Traditionen zur Verherrlichung von Kriegshandlungen missbraucht wurden.

Die Neuausrichtung nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949/1950 wurde der Volkstrauertag erneut neu definiert und seine ursprüngliche, friedliche Bedeutung wiederhergestellt. 1950 fand die erste zentrale Veranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Deutschen Bundestag in Bonn statt. Im Jahr 1952 legte die Bundesrepublik das Datum des Volkstrauertages auf den zweitletzten Sonntag vor dem ersten Advent fest, auf den es sich bis heute erstreckt. Mit dieser Neudatierung verbunden war auch die Einführung des Totengedenkens durch den Bundespräsidenten, eine Tradition, die erstmals 1952 durch Bundespräsident Theodor Heuss etabliert wurde.

Der Volkstrauertag erhielt seinen Status als gesetzlicher Gedenktag 1952 und wurde bewusst von militärischen oder ideologischen Verherrlichungen befreit. Seitdem steht das stille, würdevolle Gedenken an die Opfer im Vordergrund.

Die Bedeutung des Volkstrauertages in der heutigen Zeit

Der moderne Volkstrauertag hat sich zu einem überparteilichen und überreligiösen Gedenktag entwickelt, der über nationale Grenzen hinausgeht. Er erinnert nicht nur an die deutsche Soldaten, die in den beiden Weltkriegen fielen, sondern gedacht auch aller Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Terror weltweit – unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Glauben.

Die zentrale Bedeutung des Volkstrauertages liegt in mehreren Aspekten:

Erinnerung und Mahnung: Der Volkstrauertag bewahrt die Erinnerung an die Schrecken und das unmenschliche Leid, das Kriege über die Menschheit bringen. Er dient als permanente Mahnung gegen Krieg und Gewaltherrschaft.

Gedenken an die Opfer: Der Tag würdigt alle, die ihr Leben in Kriegen verloren haben – Soldaten, Zivilisten, Verfolgte und Unterdrückte. Er gesteht ihnen Respekt und Ehrung zu.

Trauer und Anteilnahme: Der Volkstrauertag bietet Raum für die Trauer von Hinterbliebenen und Angehörigen von Kriegsopfern. Er schafft einen Rahmen für gemeinsames Gedenken in der Öffentlichkeit.

Versöhnung und Frieden: In der heutigen Zeit symbolisiert der Volkstrauertag den Wunsch nach Versöhnung über alte Konflikte hinweg und die Commitment zu Frieden und internationaler Verständigung.

Verpflichtung zur Friedenssicherung: Das Gedenken ist gleichzeitig ein Versprechen, sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen und ähnliche Tragödien zu verhindern.

Wie wird der Volkstrauertag begangen?

Der Volkstrauertag wird in ganz Deutschland durch verschiedene offizielle und private Gedenkveranstaltungen begangen:

Die zentrale Gedenkstunde im Deutschen Bundestag

Die wichtigste offizielle Veranstaltung findet im Deutschen Bundestag in Berlin statt. An dieser Gedenkstunde nehmen teil:

  • Der Bundespräsident (spricht das offizielle Totengedenken)

  • Der Bundeskanzler

  • Mitglieder des Kabinetts

  • Das Diplomatische Corps

  • Mitglieder des Bundestags

Der Bundespräsident nutzt die Gelegenheit, um ein würdevolles Totengedenken zu sprechen und kann dabei eigene Schwerpunkte setzen, indem er auf aktuelle weltpolitische Entwicklungen Bezug nimmt. Im Jahr 2025 steht die zentrale Gedenkstunde unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“.

Kranzniederlegungen und Gedenkveranstaltungen vor Ort

Parallel zur zentralen Gedenkstunde finden bundesweit in vielen Städten und Gemeinden eigene Gedenkveranstaltungen statt:

  • Kranzniederlegungen auf Friedhöfen, Ehrenmälern und Gedenkstätten

  • Gottesdienste in Kirchen und religiösen Gemeinschaften

  • Gedenkfeiern in Schulen und öffentlichen Einrichtungen

  • Stille Momente der Besinnung an Kriegerdenkmälern

Angehörige von gefallenen Soldaten und anderen Opfern von Kriegshandlungen legen traditionell Blumen und Kränze an den Gräbern ihrer Verstorbenen ab.

Sichtbare Zeichen des Gedenkens

Am Volkstrauertag werden Flaggen an öffentlichen Gebäuden und Plätzen auf halbmast gehisst. Dies ist ein universelles Zeichen der Trauer und Ehrung. Die Halbmastposition der Flagge signalisiert die nationale Trauer und würdigt die Toten.

Der Volkstrauertag als stiller Feiertag

Der Volkstrauertag gehört zu den sogenannten stillen Feiertagen in Deutschland. Dies bedeutet, dass an diesem Tag besondere Einschränkungen für öffentliche Veranstaltungen gelten:

  • Tanzverbot: Öffentliche Tanz- und Sportveranstaltungen sind nicht gestattet

  • Rücksichtnahme: Das Verbot zielt darauf ab, öffentliche Vergnügungen zu unterbinden und so die Würde des Gedenktages zu bewahren

  • Regionale Unterschiede: Während das Tanzverbot bundesweit formell gilt, wird es in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng eingehalten. In einigen Ländern wie Berlin und Bremen gilt das Verbot beispielsweise nur bis 21 Uhr, während Brandenburg und Hamburg die offizielle Anwendung in den letzten Jahren gelockert haben.

Das Konzept des stillen Feiertages soll sicherstellen, dass der ernsthafte Charakter des Gedenktages gewahrt bleibt und nicht durch lärmende Unterhaltungsveranstaltungen gestört wird.

Das Gedenken als universelles Anliegen

Eine wichtige Entwicklung in der Bedeutung des Volkstrauertages ist seine Ausweitung über nationale Grenzen hinaus. Während der Gedenktag ursprünglich nur an deutsche Kriegsgefallene erinnerte, wird heute explizit aller Opfer von Krieg, Gewalt und Terrorismus aller Nationen gedacht. Diese universelle Ausrichtung spiegelt wider, dass Leid und Tragödie nicht an Landesgrenzen enden und dass Versöhnung und Frieden internationale Anliegen sind.

Die zentrale Gedenkstunde wird regelmäßig von internationalen Gästen und Vertretern besucht. Dies unterstreicht den weltweiten Charakter des Gedenkens und die gemeinsame Verantwortung aller Nationen für die Erhaltung des Friedens.

Die Bedeutung des Volkstrauertages verstehen

Der Volkstrauertag ist weit mehr als nur ein Feiertag im Kalender. Er ist ein wichtiger Ankerpunkt des nationalen Gedenkens und dient als bewusster Gegenpol zu den Missbrauchserfahrungen, die dieser Gedenktag in der Vergangenheit erlitten hat. Heute steht der Volkstrauertag für:

  • Eine kulturelle Verpflichtung zur Erinnerung an die Schrecken von Krieg und Gewalt

  • Ein Bekenntnis zu Frieden und Versöhnung über alte Konflikte hinweg

  • Eine Würdigung der Menschenrechte und der Menschenwürde

  • Ein Versprechen zukünftiger Generationen, ähnliche Tragödien zu verhindern

Mit seinen rituellen Praktiken wie Kranzniederlegungen, stillen Gedenkstunden und der Präsenz hochrangiger staatlicher Repräsentanten schafft der Volkstrauertag einen Raum der Besinnung und des gemeinsamen Trauerns. Er verbindet Generationen und erinnert die Gesellschaft daran, dass Frieden ein kostbares Gut ist, das es zu schützen und zu bewahren gilt.